
"Es ist sehr schwer, Eltern zu sagen, dass ihr Kind nicht mehr da ist. Es ist das Schlimmste, was ich tun muss."
Arzt- und Krankenhausserien werden ausgestrahlt, seit es TV-Geräte gibt. „Emergency Room“ hat George Clooney zum Superstar und weltweitem Frauenschwarm gemacht. So berühmt wird Dr. Ramana Dhannapuneni sicher nicht, er ist einer der Ärzte, die in der – realistischen – Dokumentarserie „Hospital“ der BBC auftritt. Doch bei seinen Kollegen und Patienten ist Dr. Ramana Dhannapuneni ein Star. Wegen seines schwierig auszusprechenden Namens wird er kurz „Ram“ genannt. Doch die Steigerung „Ram the Man“ hat sich der Herzchirurg in seiner 23-jährigen Karriere verdient. Er hat hunderte von Kindern gerettet.
Mit der Zeitung „Telegraph“ sprach „Ram the Man“ über seine Arbeit und darüber wie er mit der Last umgeht, die letzte Hoffnung für Familien zu sein. Der menschlich schwerste Teil seiner Arbeit ist es, die Eltern auf das Kommende vorzubereiten. Die BBC-Serie begleitet die Behandlung der drei Monate alten Edith im Liverpool’s Alder Hey Children’s Hospital. Sie wurde mit einem „halben Herz“ geboren. Dr. Dhannapuneni muss ihren verängstigten Eltern erklären, dass ihre Operation kein Routineeingriff sein wird, sondern ein „signifikantes Todesrisiko“ beinhaltet. „Ich kann niemandem versprechen, dass es 100 Prozent sicher ist“, sagt der Arzt. „Ich muss ihnen ehrlich sagen: Es gibt Risiken, die wir eingehen. Es ist nicht nur der Tod, wir reden hier über einen Schlaganfall oder schwere Hirnverletzungen, Infektionen und andere Dinge.“
Ram sucht den Kontakt
Einige Herzchirurgen halten den Kontakt zu den Patienten möglichst klein. Sie sind unnahbar, weil sie glauben, so konzentrierter operieren zu können. Ram legt dagegen Wert darauf, jeden seiner Patienten und die Eltern persönlich kennenzulernen. Er stellt sich Folgendes vor. „‚Was würde ich wollen, wenn meine Tochter krank wäre?‘ Ich will für jeden Patienten dasselbe tun, weil es das Kind eines anderen Menschen ist.“
Das Video zeigt eine komplette Folge von „Hospital“
https://youtube.com/watch?v=19Ir6i64o58%3Ffeature%3Doembed
Dieser enge Kontakt macht es für ihn viel schwerer, wenn ein Kind nicht überlebt hat. „Es ist sehr schwer, den Eltern zu sagen, dass ihr Kind nicht mehr da ist. Es ist das Schlimmste, was ich tun muss. Es ist ganz anders, als bei der Operation eines Erwachsenen. Wenn man es mit Kindern zu tun hat, wiegt die emotionale Seite hundert Mal schwerer.“
Die Last des Todes
Diese Last verspüren alle Ärzte, sagt Dr. Ramana Dhannapuneni. „Man erlebt einen Tiefpunkt, wenn ein Kind stirbt – es tut uns allen weh. Wir fühlen uns deprimiert, wirklich schlimm. Wir schalten ab und sprechen mit niemandem. Aber zum Glück dauert es nur für ein oder zwei Tage, dann erholt man sich.“
„Ich habe vor der Operation Kinder glücklich spielen sehen. Dann konnte ich das Baby nie wieder so sehen, und die Eltern auch nicht.“ Als junger Chirurg werfe es einen noch stärker aus der Bahn, das ändere sich, wenn man später die Arbeit besser verstehe, und wisse, dass alle Beteiligten das Menschenmögliche gemacht haben.
Im Operationssaal kann Ram diese emotionale Bande abschalten. Er vergisst das Kind, das jetzt vor ihm liegt. Im Saal vermeidet er sogar den Namen des Babys. „Wenn wir mit der Arbeit beginnen, gehen wir in einen komplett mechanischen Modus. Wir denken nicht an das Baby oder die Eltern oder so etwas.“
Keine Scheu vor der Wahrheit im Operationssaal
In einer Episode der Serie operiert Ram die fünfjährige Aaima. Dabei kommt es zu einer Komplikation. Eine Vene von Aaima verläuft ungewöhnlich. Aus Versehen wird sie aufgeschnitten. Vor der Kamera kämpft das Team um das Kind. Aaima verliert ein Viertel ihres Blutes, bevor Ram die Blutung stoppen kann. „Wenn wir in den Operationssaal gehen, passieren Dingen, die wir nicht vorhergesehen haben“, erklärt der Arzt. „So eine Komplikation mag aus Sicht einiger Kollegen peinlich aussehen, aber das erleben wir alle.“ Ram hofft, die populäre Serie möge helfen, dass die Krankenhäuser des staatlichen Gesundheitswesens die Mittel erhalten, die sie benötigen. „Wir kämpfen immer mit den Ressourcen. Eines der Probleme sind gestrichene Operationen. Eltern werden dann sehr enttäuscht.“
Der Arzt lebt für seine kleinen Patienten, darunter leidet auch die eigene Familie, wie er bedauert. „Wenn wir hier Operationen vornehmen, ist das Timing völlig unvorhersehbar. Manchmal gehe ich zur Arbeit, bevor meine Töchter aufwachen und wenn ich zurückkehre, liegen sie wieder im Bett.“ Er tritt in der Dokumentation auf, damit seine Töchter besser verstehen, warum er sie nicht so oft sehen kann, wie er möchte. Denn sie müssten diese Opfer bringen, damit ein anderes Kind bei seinen Eltern leben kann.
Quellen: BBC Two, Telegraph
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